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Etappe 6: Cúber Stausee - Lluc

Dieser Morgen ist verhältnismäßig grausam und nervenraubend. Es ist dunkel und ich suche meine Kopflampe im Schlafsack. Es gibt immer noch Regenschauer, die in regelmäßigen Abständen auf mich einprasseln. Ich will und kann nicht mehr schlafen, selbst wenn es erst kurz vor 07:00 Uhr ist. Meine Stirnlampe, die Black Diamond ION, hat eine tolle Funktion, die anzeigt, wenn die Batterien kurz davor sind ihren Geist aufzugeben. Wenn man die normale Lampe anhat, dann blinkt die rote ein paar Mal, bis sie erlischt. Das ist der späteste Zeitpunkt,  Ersatzbatterien oder -akkus griffbereit zu haben. Die habe ich seit dem Vorabend griffbereit in der The North Face Jacke. Nachdem ich mich aus dem Schlaf- und Biwaksack gewunden habe, stelle ich unter dem Kunstlicht fest, wie nass meine Isomatte ist. Es sind nur noch wenige Stellen trocken geblieben. Von den einen auf den anderen Moment ist das Licht weg. Ich öffne den Batterieschacht. Wegen des regens beuge Ich mich darüber, so dass die Elektronik keinen Schaden nimmt. Die Batterien gewechselt, betätige ich den On/OFF-Schalter, aber es tut sich nichts. Die Lampe geht kurzzeitg an, aber dann sofort wieder aus. Was zur Hölle? Zu Hause hatte ich die Akkus komplett geladen. Ich kann mir nicht anders helfen und schiebe die Schuld auf die Kopflampe. Sie scheint den Geist aufgegeben zu haben. Jetzt stehe ich hier im halb Dunkeln im Regen und versuche meine Habseligkeiten schnell einzupacken. Gerade der Schlafsack braucht nicht noch nasser werden, als er sowieso schon ist. Damit ich überhaupt was sehen kann, mache ich die Blitzlicht-LED vom Smaprtphone an und stelle es provisorisch so an den Rucksack, so dass es mir Helligkeit ins Dunkle bringt. Ich sehe unter Stress, wie die Wassertropfen, die vom Himmel fallen, den Lichtkegel durchbrechen. Es sieht echt übel für mich aus. Und dann immer wieder dieser Wind. Entspanntes Wandern sieht in meinen Augen komplett anders aus. Da ist es, mein Abenteuer, was ich mir immer vorgestellt habe, aber letztlich nie wollte. Nicht in meiner jetzigen Verfassung, so ausgehungert und mit schlechtem Schlaf. Meine Isomatte ist klitschnass. Ich kann sie unmöglich so zusammenrollen und in den Rucksack tun. Es befinden sich noch 2 Microfasertücher von Frilufts im Rucksack, die ich bis jetzt nicht benutzt habe. Ich nehme mir das Große und wische über die Isomatte. Das Tuch saugt erstaunlich viel auf und so sieht die Matte zwar dunkler, aber nicht mehr klitschnasse aus. Bevor der nächste Regenschauer kommt, sehe ich zu, dass ich die Isomatte so schnell wie irgendmöglich verstaut bekomme. Die anderen Sachen habe ich vorher unter die Regenhülle des Deuter gepackt. Auch, wenn man bei Regen ungeschützt unter freien Himmel steht, sollte man dennoch konzentriert bleiben & Ruhe bewahren. Gerade unter Stress verlegt man kleine Sachen und vergisst sie wohlmöglich noch in der schnellen Aufbruchsstimmung. Ihr könnt hoffentlich nachhvollziehen, dass es von dieser Situation keinerlei Fotos gibt. Meinen Hintern in Unterhose, der im Lichtkegeln angeleuchtet wird, braucht die Welt nicht.

Ich laufe ohne Kopflampe so langsam wie möglich, da es noch dunkel ist und so schnell, um es nicht zu künstlich in die Länge zu ziehen. Es sind 30 Minuten bis zur Dämmerung. In der Zeit erreiche ich den Parkplatz am Stausee. Kurz bevor ich den erreiche, sehe ich, wie ein Auto auf diesen fährt. Es steigt jemand aus und schwingt sich einen Rucksack auf die Schultern. Es ist Sonntags, aber ich ziehe meinen Hut vor solch Gleichgesinnten. Sicherlich macht er sich auf den Weg nach Sóller. An der Ma-10 angekommen, habe ich wieder verschiedene Möglichkeiten. Der normale Weg des GR 221 fällt für mich flach, um nach Lluc zu kommen, da er nicht spektulär genug ist. Lluc ist der wohl heiligste Ort auf der Insel, wo jahrlich unzählige, tausende Menschen hin pilgern oder zumindest mit Auto hinfahren. Ich selber sehe mich auf dem Weg mehr als Pilger. Die Route, auf der ich mich befinde, wird auf der Wanderkarte auch als GR 221-F bezeichnet. Hier kommt man zur nächsten Refugi namens Tossal Verds. Es geht, wie üblich, wieder bergauf. Dadurch, dass ich gestern nicht allzuviel an Höhenniveau verloren habe, könnte ich heute bis nach Lluc über 1.000Hm knacken. Der Weg ist anfangs beschwerlich, aber es geht. Ab und an weht mit der Wind Regen ins Gesicht, aber der erfrischt mich, denn ich schwitze aus alle Poren. Ich rege mich immer noch über den Wetterbericht auf, der kein bisschen Regen angesagt hat. Zwar stand dort, dass es zu einer Wahrscheinlichkeit von 5% regnet und das mit nur 0,02 Liter auf den m², aber mit dem Zutreffen der Wahrscheinlichkeit, hätte ich an selbigen Tag auch Lotto spielen können. Oben passiere ich die berühmte Trockenmauer, die sich über die gesamte Tramuntana zieht. Die Aussicht ist super schön und auch der Weg ist an sich toll, aber nicht heute. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit und den Regen in der Nacht sind die Steine extrem glitschig und man rutscht schnell mit den Schuhen weg. Resultat ist ein Laufen wie auf Eiern und ein kurzes Fluchen danach. Das passiert mir des Öfteren und bei manchen akrobatischen Bewegungen frage ich mich, wie beweglich ich doch bin. Das linke Bein plötzlich auf der rechten Seite und das rechte Bein überkreuzt auf der linken Seite. Stabil! 

So erlebe ich wohl einen der schönsten und einsamsten Sonnenaufgänge meines Leben. Eingetaucht in pures Gold erscheint die Landschaft vor mir. Jeder Sonnenstrahl, der es vermag jeden noch so kleinen Stein, Grashalm oder großen Fels zu berühren, wird sofort in warmes, goldenes Licht getaucht. Was für ein Anblick, nach dieser strapaziösen Nacht. So eine Reise lohnt sich immer wieder, man wird mit solch einmaligen Augenblicken belohnt. Entscheidend ist nicht das Wann, sondern das man sich belohnt. Jeden Moment, den man lebt, ist für seine Art sicher einzigartig, aber solche Momente sind unvergesslich und unaustauschbar. Das Ganze geschieht innerhalb von wenigen Minuten, bis die Sonne hinter den Bergen hervor kommt und auch den Rest der Dunkelheit und Schatten beraubt.

In der Entfernung sehe ich zwei Bergsteiger, die keine Karabiner und Seile um sich zu hängen haben, aber auf der anderen Seite keinen erkennbaren Pfad entlang laufen, sondern quer durch die Pampa. Ich komme den Weg hinunter in ein Vortal, wo es dann nach links abbiegt. Der Schlüsselstelle, dem Pas Llis Tossals, einem Klettersteig. Bei Klettersteigen mach ich meist große Augen. Er ist zwar auf der Karte verzeichnet, aber die nutze ich ja meist nur, wenn ich mich verlaufen habe. Deswegen habe ich das Symbol nicht für voll genommen. Letztlich ist es auch eine offizielle Variation des GR-221. Es kann also nicht allzu dramatisch sein, dass man jetzt hier mit vollem Bergsteigergerödel klettert. Ich sehe schon wie die Ketten im Berg verankert sind und es sieht sehr ambitioniert aus. Ambitioniert heißt für mich, dass da meine Eltern keinen Fuß hoch setzen. Für mich wird es spaßig werden, nah am Abgrund langzukraxeln. Es gibt sicherlich 1000 gefährlichere Klettersteige für Wanderer im Gebirge. Der Abschnitt ist außerdem relativ kurz. Ich bezwinge ihn sozusagen innerhalb von wenigen Minuten. Sehr coole Passage.

Man bewegt sich hier oberhalb der Baumgrenze und hat eine tolle Aussicht. Der Wind ist auch längst nicht so stark wie vorhergesagt. Ich bekomme langsam wieder Hunger und hoffe, dass es kein Totalausfall gibt. Ich bin schon seit drei Stunden unterwegs und erreiche die Refugi Tossal Verds. Ich habe keine Hoffnung, dass die auf hat, denn alles andere vorher hatte auch geschlossen. Doch ich sehe aus der Entfernung von 500 Metern, wie leichte Rauchschwaden aus dem Kaminschacht empor steigen. Jawoll! Sie scheint in Betrieb zu sein. Dieses mal ist es eine bewirtschaftete Refugi. Ich komme an und sehe, dass die Tür offen ist. Ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd und sehe den Bewirtschafter der Hütte. Sofort frage ich ihn, ob er was zum Essen oder Trinken hat. Er kann mir beides bieten. Ein typisches Frühstück, bestehend aus 2 Weißbrotscheiben mit krossem Rand. Darauf kommt Olivenöl. Die nächste Schicht besteht aus Tomatenscheiben. Dann kommt auf der einen Brotscheibe eine schöne Schicht Bergkäse und auf die andere Scheibe leckerer Parmaschinken. Dazu gibt es frische Oliven. Abgerundet wird das Ganze mit einer frischen, kalten Fanta aus der Dose. Neben mir höre ich das knistern vom brennendem Holz des Kamins. Ich scheine hier auch der einzige Gast zu sein. Für ungefähr eine Stunde bleibe ich dort und frage den Besitzer, ob es nicht möglich sei, bei der nächsten Refugi in Lluc anzurufen. Bei meiner Recherche habe ich festgestellt, dass das Kloster Lluc kein Zimmer mehr frei hat und die Refugi Son Amer nur knapp über 1km entfernt ist. Dabei liegt sie optimalerweise auf den Weg nach Pollenca.

Ich bin vollends zufrieden mit dem Aufgetischten und einen Anruf später habe ich auch meine Reservierung bei der Refugi verbindlich. Ich habe mich einfach nur unter Michael angemeldet. Fiukowski ist zu kompliziert zu buchstabieren und beim buchstabieren selbst, vergesse ich meist bei welcher Stelle ich im Namen gerade bin. Ich mache mich frisch gestärkt, bezahle die 12€ für Essen und Trinken und kalkuliere innerlich was jetzt wie viel gekostet hat. Fanta für 3€ und Frühstück für 9€. An sich ein stolzer Preis, aber nach so einer Nacht und Anstrengung umso besser. In meiner Verfassung wende ich den Cent auch keine zweimal. Draußen befindet sich noch einmal eine Infotafel samt Karte mit dem Ausschnitt von den jeweiligen Wanderrichtung nach Lluc oder dem Cúber Stausee. Ich folge dem Pfad nach Lluc und weiß schon vorher, wie toll dieser werden wird. Bei der ersten Wanderung in der Serra de Tramuntana war das der ausschlaggebende Grund die Insel wieder zu besuchen.

Ich nehme den Pfad der über sa Coma führt, denn irgendwie ist Lluc hier schon wieder nicht ausgeschildert. Aber egal wie, kommt man an einer gewissen Stelle an, wo sich der Kreis schließt. Man kann eine Rundwanderung um den Puig des Tossals Verds machen (Rundwanderung). Ich selber will aber nicht wieder zurück zum Cúber Stausee oder auf den Gipfel des Puig des Tosslas Verds (1.118m), sondern gehe in Richtung Quelle des Font de Prat. Erst hier sehe ich, dass ich 1/3 mehr gelaufen bin, als nötig gewesen ist. Meine positive Sicht der Dinge ist aber unabänderlich und ich erkenne, dass so kein leckeres Frühstück samt Softdrink drin gewesen wäre & keine Reservierung für die Refugi Son Amer. Normalerweise beantragt man die über eine Website des zuständigen, mallorcinischen Tourismusverbandes (Concelldemallorca). Ich habe schon einige Male in Foren und auf Blogs gelesen, dass man eine E-Mail bzgl. einer Reservierung schreibt, aber keine Antwort zurück bekommt. Es ist also verbindlich, wenn man schon eine elektronische Post verschickt. Da ist mir eine Telefonreservierung allemal sicherer. Bereits vor der Wasserquelle Font des Prat, fließt neben mir ein kleiner Bach ins Tal hinunter. Mein Wasservorrat ist fast aufgebraucht, da ich in der letzten Refugi nichts aufgefüllt habe und das Leitungswasser, verständlicherweise, mit Chlor versetzt ist. Das Wasser vom Fluss sieht rein aus. Bei fließenden Wasser habe ich keine Bedenken und auch sonst schwimmen keine Partikel umher. Ich fülle das Camelbak auf und mache mich wieder auf den Weg nach oben, durch waldiges Gebiet. Es gleicht einem Tal. Links und Rechts von mir läuft das Gebirge entlang. Der Weg ist in dem Maße anstrengend, da er doch sehr lang gestreckt ist. Meine Kräfte schwinden allmählich nach fünf, harten Tagen. (Bild unten links: 22. Januar 2016 I Bild unten rechts: 14. Januar 2018)


Nachdem ich das Ende des Waldes erreiche, umgibt mich das ganze Tal mit einer mystischen Stimmung. Die Bergkette ist eingehüllt von den Wolken, die sich wie ein Schleier über die Felshänge legen. Hier oben weht kein Wind und es ist still. Mir kommen noch einige Wanderer entgegen, die aber mehr nach Tagestour oder Trailrunner aussehen, als bepackte Mehrtages-Thru-Hiker. Noch einmal passiere ich eine Mauer und es geht für mich von hier nur noch bergab. Das heißt, dass ich hiermit den höchsten Punkt meines gesamtes Weges erreicht habe, welcher gleichzeitig auch der höchste Punkt der Trockenmauerroute der Serra de Tramuntana, des GR-221 ist. Er liegt auf genau 1.205m und heißt Coll des Prat. Ich komme nach einer Biegung am Coll des Telegrad vorbei und selbst hier oben auf 1.126m ist es totenstill. Man hört nichts. Keine Vögel, Blätter von Bäume sowieso nicht (weil es hier oben keine gibt) & auch keine Flugzeuge. Man hört nur seinen eigenen Atem (wenn überhaupt). Normalerweise hat man hier eine gute Sicht auf den höchsten Berg Mallorcas, den Puig Major. Leider wird daraus nichts, weil es doch sehr zugezogen ist. Es stört mich aber auch nicht wirklich, denn ich konnte ihn schon des Öfteren bewundern. Es sind nur noch 2 1/2 Stunden bis zum Kloster von Lluc (Juk ausgesprochen). Es geht in Serpentinen bergab und keine Ahnung, was mich motiviert, denn ich laufe regelrecht die Piste hinunter. Wie ein Trailrunner nehme ich Tempo auf und springe federleicht von Stein zu Stein. Das ewige abbremsen und vorsichtig von Stein zu Stein finde ich noch anstrengender als diese schnelle Fortbewegungsart. Es geht nicht mal auf die Kondition, sondern befreit. Unglaublich, dass ich nach den ganzen Tagen so laufen kann. Alle halbe Stunde lüfte ich dennoch meine Schuhe, um die Feuchtigkeit zumindest für kurze Zeit rauszubekommen. Die Zeit des Wanderns zollt seinen Tribut, denn es mieft schon ganz schön, wenn mir der Dampf sichtbar entgegen kommt. Danke der Merinowolle, aber noch sehr erträglich. Es riecht eher nach Schaf und feucht-modrig, als nach Käsefüßen. Das liegt aber zu großen Teilen an den Schafseinlagen, die nie wirklich getrocknet sind die Tage. Ich habe ja noch gar nicht erwähnt, dass ich mir schon Gedanken wegen des Rückfluges gemacht habe. Durch mein hohes Tempo bin ich doch schneller am Ziel. Ich habe mir eigentlich schon einen Rückflug für den 23. Januar gebucht, da er nur 20€ gekostet hat. Es war der Günstigste in der Zeit. Deswegen hatte ich sofort zugeschlagen bei dem Angebot. Aber was wollte ich noch 7 weitere Tage auf der Insel machen. Zudem hatte ich schon seit Beginn meiner Reise Schnupfen. Die Nase lief mäßig und es konnte noch sehr viel schlimmer werden. Ich will mich also nicht weiter den harschen Bedingugen des Windes aussetzen. Es soll die nächsten Tage auch immer stürmischer werden, bis zum Orkan hin. Da bewegt sich kein Wanderer in Wäldern oder im Gebirge umher. Also ich würde es für einen Tagesausflug machen, aber nicht für 7 weitere Tage. Aus diesem Grund beschließe ich spätestens heute Abend den Rückflug für Dienstag zu buchen. Gestern abend lag er noch bei knapp 30€, was auch noch geht. Meine letzte Nacht verbringe ich dann in einem Hostel in Palma. Da habe ich auf der Reise-App für Hotels & Hostels auch schon ein preiswertes für nur 17€ gefunden. Super modern und nur 15 Gehminuten vom Estacio Intermodal entfernt, wo auch die Linie 1 zum Flughafen fährt. Ich will aber erstmal zur Refugi kommen und das aus einen primären Grund. Das Equipment soll so schnell wie möglich trocknen, so dass nichts schimmelt, speziell die Daunen im Schlafsack.

Der Weg zum Kloster ist nicht mehr so spektakulär im Gegensatz zu dem, was man vorher alles gesehen hat. Er verläuft in Schlängellinien bergab und zieht sich wirklich über zwei Stunden. Doch desto näher ich meinem Ziel komme, umso motivierter bin ich. Ich habe es tatsächlich bis hierher geschafft. Meinem Startpunkt der ersten GR-221-Reise! Ich erkenne sogar 40 Minuten, bevor ich das Kloster erreiche, die Zeltstelle der ersten Nacht wieder. Ich bleibe dort eine Weile stehen und verweile. Es ist so schön und fühlt sich wie gestern an. Hier bin ich also aufgebrochen und habe all die Strapazen auf mich genommen. Damals noch mit 23kg auf dem Rücken. Eigentlich unvorstellbar, denn ich habe alles in der gleichen Zeit geschafft, wie jetzt mit 12kg. Damals hatte ich noch zusätzlich Knieprobleme vom Volleyball. Ich höre schon von weitem viele Stimmen. Der größte Teil davon ist von herumtollenden Kindern. Als ich unten ankomme sind alle Grills am lodern, die hier zur Verfügung stehen. Mir läuft der Speichel im Mund zusammen. Selbst jetzt, wo ich so daran zurück denke. Ich wandere über den Parkplatz, wo mich Robin damals abgesetzt hat und mich in mein Abenteuer entließ. Das war nachts und kein Mensch vor Ort. Jetzt ist es hier komplett anders und so voller Leben. Es ist 15:30 Uhr und ich habe Hunger. Hier haben gleich mehrere Restaurants geöffnet und ich gehe mit meinen Wandersachen in eines, wo es schon etwas feiner aussieht. Es ist mir egal, was andere denken möchten. Solange ich nicht müffel wie ein Stinktier, ist alles okay. Ich bestelle mir wieder den größten Junkfood, den es gibt. Hamburger mit Pommes. Mayo & Ketchup gibt es mal wieder nur in Tütchen. Ein Armutszeugnis, aber was soll's. Nebenbei erwähnt habe ich für die Refugi Son Amer Abendessen & Frühstück bestellt, aber pssssst. Man gönnt sich ja sonst nichts.

 

Der Hamburger ist unterirdisch. Ein Stück Pappfleisch, dazu eine Stück Salatblatt und Tomate. Keine Sauce, keine Zwiebeln, kein Käse. Was stimmt hier eigentlich nicht? Die Pommes sind in Ordnung. Ketchup & Mayo mache ich mir selber auf den Burger. Dazu noch eine kalte Coke und das Energielevel steigt wieder. Ich bezahle die 12€ und gehe hinaus. "Man ist es kalt draußen!". Mein Körper hat sich schon wieder so entspannt und ist so runtertemperiert, dass ich mich eiligst auf die Beine mache. Nach so längeren Pausen spüre ich es aber auch schon in den Beinen bzw. Füßen. Wie ein alter Mann laufe ich die Straße entlang. Nur noch 15 Minuten bis zu meinem Refugium! Die Refugi Son Amer liegt auf einem Gipfel in wunderschöner Lage. Sie ist auch echt groß. Vermutlich wegen der Nähe zum Kloster, aber ich bin heute der Einzige und letzte Gast hier weit und breit. Da kann ich ja schon froh sein, dass die überhaupt offen hat. Zwar sitzen hier im Saal noch 6 Frauen, die sich lauthals unterhalten, aber der Rezeptionist erklärt mir, dass ich der Einzige sei. Ich bekomme ein ganzes Zimmer mit 2 Doppelstockbetten für mich. Das benötige ich auch, um die ganzen Sachen auszubreiten und zu trocknen. Die Heizung ist zwar nicht an und daran ändert sich auch bis zum nächsten Tag nichts, aber die Sachen werden trocken. Der Rezeptionist ist gleichzeitig alles. Hauswart, Koch usw. .Er fragt mich, wann ich essen will. Es ist jetzt 17 Uhr und ich sage ihm, dass 19 Uhr super wäre. Ich genehmige mir zuerst eine warme Dusche. Das Wasser ist tatsächlich warm. Es ist auch ein wassersparender Druckknopf angebracht, den man alle 5 Sekunden drückt, damit das Wasser aus der Duschbrause kommt. Ich betreibe also Krafttraining für den Unterarm und halte ihn die ganze Zeit gedrückt. Danach breite ich die nassen Sachen aus und öffne die Fenster, damit der Mief von meinen feuchten Klamotten entweichen kann. Es gibt Fensterklappen, die man nach außen aufklappen kann. Sie dienen zum verdunkeln für das Zimmer. Ich funktioniere sie um, in dem ich sie nach außen klappe und die Schnürsenkel samt Schuh daran festbinde, damit sie draußen auslüften können. Die Einlegesohlen kommen mit nach drinnen. 

Frisch geduscht gehe ich hinunter zum essen. Das Ganze extra nur für mich. Großartig! Der Kamin ist schon voll im Gange und es knistert. Auf dem Tisch steht eine Flasche Wasser und zu meiner Überraschung, eine frisch geöffnete Flasche mallorcinischer Rotwein. Das sieht ja schon mal mehr als gut aus. Als Vorspeise bekomme ich eine Art Sauerteig mit leckerem, gegrilltem Gemüse drauf samt Garnelen. Das würde mir schon als Hauptgang reichen. Die Art Pizza schmeckt mir ausgezeichnet. Als Hauptgang gibt es vegetarische Lasagne, die ich leider nicht mehr bis zum letzten Bissen vertilgen kann. Ich bin dann doch noch zu gesättigt von dem Burger drei Stunden zuvor. Der Hauswart gibt mir noch 2-3 Mandarinen, weil ich zu ihm meine, dass ich diese tonnenweise essen könne. Die Flasche Wein habe ich zu 3/4 leer getrunken und die Wärme des Kamins setzt mir doch sehr zu. Ich merke wie ich einen dran habe. Am Kaminfeuer genieße ich noch ein paar letzte Minuten, immer noch in Erinnerung an die letzte Nacht. Letztendlich habe ich es nicht geschafft, dass ich jede Nacht draußen schlafe, aber wenn man solch eine Nacht hinter sich hat, ist man glücklich ein ganzes Refugi für sich zu haben. Hier können eigentlich 52 Menschen untergebracht werden. Ob in 24-,8-,6-, oder 4-Bett-Zimmern. Für den günstigsten Preis habe ich sogar das Kleinste bekommen. Insgesamt habe ich um die 28€ für Übernachtung inklusive Abendbrot & Frühstück bezahlt, was vollkommen klar geht. Ich bewege mich gegen 21 Uhr zurück in mein Schlafgemach. Dabei tut mir echt alles weh, weil ich auch nur Socken anhabe und direkten Kontakt zum harten Boden. Die morgige Etappe ist die leichteste auf dem gesamten Weg. Es sind zwar noch mal über 20km, aber es geht nur am Anfang noch mal etwas nach oben für ungefähr 30-60 Minuten, aber dann nur noch bergab bis zu meinem Weitwanderetappenziel, Pollenca. Das werde ich wohl packendenke ich. Gute Nacht.

Nachtrag: Die Stirnlampe funktioniert einwandfrei. Ich habe irgendwie noch mal die alten Batterien eingelegt gehabt. Keine Ahnung, wie ich das geschafft haben soll.

Fazit für den Tag:  Wenn du denkst, es kann nich schlimmer werde, wird es der beste Tag!

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